Mühlengeschichte des Mühlendorfs Räbke

Die Müh­le Lie­se­bach

Aus­zug aus dem Band „Nie­der­säch­si­sche Müh­len­ge­schich­te“ zur Was­ser­müh­le Lie­se­bach

Wilhelm Klee­berg hat in sei­nem Band mit obi­ger Bezeich­nung alle Müh­len unse­res Bun­des­lan­des vor­ge­stellt. Zur Was­ser­müh­le Lie­se­bach schreibt er auf S. 387 :
Als nächs­tes kommt die Was­ser­müh­le Richard Lie­se­gang (Nach­na­me falsch, es muss natür­lich Lie­se­bach hei­ßen), die vor­her im Besitz der Fami­lie Rad­de­cke-Dor­mann gewe­sen ist und seit 1955 stil­liegt. Nach den von Fr. Witt­kopp, Cel­le, ange­stell­ten Nach­for­schun­gen in Kir­chen­bü­chern hat am 29. Mai 1864 der aus der Was­ser­müh­le Hein­sen (Kr. Hameln-Pyr­mont) stam­men­de Mül­ler Her­mann Dor­mann die Toch­ter des Räb­ker Mül­ler­meis­ters Ernst Lud­wig Rad­de­cke gehei­ra­tet. Auch die­se Müh­le hat noch ein ober­schläch­ti­ges Was­ser­rad von vier Meter Durch­mes­ser und arbei­te­te zuletzt mit vier Wal­zen­stüh­len. Sie könn­te die ältes­te Räp­ker Was­ser­müh­le sein, denn sie wird urkund­lich als eine am 14. Sep­tem­ber 1236 in Betrieb genom­me­ne Erben­zins­müh­le* des Klos­ters St. Lud­ge­ri in Helm­stedt bezeich­net.“

* Erben­zins­müh­le : Die Müh­le wur­de dem Mül­ler zur Nut­zung auf Lebens­zeit und zur Wei­ter­ver­er­bung im Unter­ei­gen­tum gegen Erb­zins über­las­sen. Das Ober­ei­gen­tum ver­blieb beim Grund­her­ren, also dem Klos­ter St. Lud­ge­ri Helm­stedt.

Das obi­ge Luft­bild aus dem Jahr 1965 zeigt sehr inter­es­san­te Details. So sieht man z. B. den noch vor­han­de­nen Erker im Müh­len­trakt, der bei einer spä­te­ren Dach­um­bau­maß­nah­me nicht wie­der her­ge­stellt wur­de. Die­ser Dach­vor­sprung war vor allem für den Fahr­stuhl­be­trieb erfor­der­lich.

Gut zu erken­nen sind auch die noch vor­han­de­nen Ober­lei­tun­gen, die direkt in das Müh­len­ge­bäu­de füh­ren. Eben­falls kein Wun­der, denn in was­ser­ar­men Zei­ten erfolg­te der Antrieb der Sub­sys­te­me mit drei Elek­tro­mo­to­ren mit einer Gesamt­leis­tungs­auf­nah­me von ca. 16 PS = 10,76 kW.

Das fol­gen­de Luft­bild zeigt das Grup­pen­denk­mal aus dem Som­mer 2009

Die Müh­len­an­la­ge Lie­se­bach wur­de in den Jah­ren 1998 bis 2005 im Rah­men des Dorf­er­neue­rungs­pro­gramms auf­wen­dig saniert. Sämt­li­che Dächer, ein Groß­teil der Türen, die Hof­ein­fahrt und wei­te­re wich­ti­ge Teil­be­rei­che wur­den dabei unter Beach­tung des Denk­mal­schut­zes erneu­ert.

Im Früh­jahr 2008 begann die Instand­set­zung der Müh­len­tech­nik.

Seit 1236 Müh­len­stand­ort

Die heu­ti­ge Was­ser­müh­le wur­de am 14. Sep­tem­ber 1236 als Erben­zins­müh­le des Klos­ters St. Lud­ge­ri in Betrieb genom­men. Sie stellt damit eine der ältes­ten Müh­len des Dor­fes Räb­ke dar.

Unter ihren Betrei­bern sei der poten­te und von wei­te­ren Räb­ker (und Frell­sted­ter) Müh­len her bekann­te Johann Fried­rich Wahnscha­pe genannt. Er ver­pach­te­te die Müh­le (Ass.-Nr. 36) 1741 an Hans Schön­duve (Lehr­mann, S. 229).

Ursprüng­lich wur­de sie mit nur einem Mahl­gang betrie­ben. Die­se Tech­nik blieb bis 1864 annä­hernd unver­än­dert. Zu die­ser Zeit wur­de die Müh­le erheb­lich ver­bes­sert. Über ein guss­ei­ser­nes Getrie­be betrieb das ober­schläch­ti­ge Was­ser­rad fort­an zwei Mahl­gän­ge.

Im Jah­re 1905 kauf­te der Mül­ler Franz Lie­se­bach die Was­ser­müh­le. Gleich nach der Über­nah­me ließ der neue Besit­zer die Müh­len­tech­nik auf­wän­dig erneu­ern. Den Kern der Ver­än­de­rung stell­ten ein neu­es Was­ser­rad aus Stahl (Durch­mes­ser 3,65 m,
Brei­te 1,25 m, 42 Schau­feln), zwei Wal­zen­stüh­le, Ele­va­to­ren und neu­zeit­li­che Sicht- und Rei­ni­gungs­ma­schi­nen dar.

1937 erfolg­te eine noch­ma­li­ge Moder­ni­sie­rung durch die Helm­sted­ter Müh­len­bau­fir­ma Nickel. Mit hoher Wahr­schein­lich­keit erfolgt zu die­sem Zeit­punkt auch der Ein­bau eines elek­tri­schen Hilfs­an­triebs zur Unter­stüt­zung der Was­ser­kraft mit einer Leis­tung von 7,5 kW.

Nach dem Zwei­ten Welt­krieg erfolg­te durch den Sohn des Käu­fers der letz­te Umbau. 1948 bau­te Richard Lie­se­bach einen wei­te­ren Wal­zen­stuhl ein. Ele­va­to­ren wur­den auf­ge­ar­bei­tet, zwei wei­te­re Elek­tro­mo­to­ren gli­chen die unzu­rei­chen­de Was­ser­kraft aus.

Zu Beginn der 50iger Jah­re des letz­ten Jahr­hun­derts hat­te Richard Lie­se­bach noch eini­ge Groß­kun­den. Bäcke­rei­en in der unmit­tel­ba­ren Umge­bung wur­den mit Pferd und Wagen belie­fert, das Wei­zen-Aus­zugs­mehl „Elm­gold“ erfreu­te sich gro­ßer Beliebt­heit.

Doch zeig­ten sich bald an den Bau­grup­pen der Sys­te­me Ver­schleiß­erschei­nun­gen. Ende des Jah­res 1954 stell­te Richard Lie­se­bach den Betrieb ein, er war zu die­sem Zeit­punkt 54 Jah­re alt.

Im Gegen­satz zu allen ande­ren Räb­ker Was­ser­müh­len hat Richard Lie­se­bach den Zustand fast unver­än­dert bestehen las­sen. Es gab ledig­lich bau­li­che Ver­än­de­run­gen am Dach­stuhl und den Ver­kauf einer Mehl­misch­ma­schi­ne, alle ande­ren Sub­sys­te­me sind im Ori­gi­nal­zu­stand vor­han­den.

Luftbild des Gruppendenkmals aus dem Frühjahr 2015