Mühlengeschichte des Mühlendorfs Räbke
Die Untermühle / Fürstliche Papiermühle
Auszug aus den Publikationen von Joachim Lehrmann (s. u.)
Sie(die Mühle) lag 20 Minuten unterhalb des Ortes, am „Herkling-Bergwald“, und wurde insofern auch Untermühle genannt. Heute ist sie nicht mehr vorhanden.
Sie hat eine Vorgängerin gehabt, eine Sägemühle, auch Eigentum der Warberger Herrschaft, entweder von dieser selbst betrieben oder verpachtet. Aber diese war schon vor 1613, vielleicht schon vor 1600 abgebrannt. Wiederaufbaupläne kamen infolge des Kriegs nicht zur Ausführung.
Nachdem sich die Wahnschaffsche Mittelmühle nach dem großen Kriege als gewinnbringend erwiesen hatte, kam man seitens des Amtes Warberg auf den Gedanken, es auch hier mit dem Papiergewerbe zu versuchen. Die Herzogliche Kammer zu Wolfenbüttel war nicht abgeneigt. Also schritt man 1694 zum Bau dieser auch als Amts-Papiermühle bezeichneten weiteren Räbker Papier-Produktionsstätte.
Ihr erster Possessor war der erfahrene Meister Curdt Schöner, der einem alten Harzer Papiermachergeschlecht zu Wernigerode entstammte und zuvor auf der Wahnschaffschen Mittelmühle in Räbke gewirkt hatte. Wie üblich wurde er per Konzessionierungsvertrag verpflichtet, als Abgaben bestimmte Mengen und Sorten Papier (Naturalabgabe) an die Fürstliche Kammer nach Wolfenbüttel zu liefern. Ähnlich verhielt es sich mit Lieferungen an das Amt Warberg.
Von Schöner findet man fachgerecht fabrizierte Papiere in den Amtsakten, in welchen er das Familienwappen der Schöner, den sechsstrahligen Stern im gekrönten Schild, als Wasserzeichen verwendete. Bereits während der Schaffenszeit seines Sohnes zeigte sich indes, dass dieser Papiermühlenbau wohl nicht immer nur unter einem guten Stern stehen würde – ganz unabhängig davon, dass jener sein vorzeitiges Ende beim Sturz aus einer hohen Eiche fand.
Der Nachfolger war Johann Heinrich Franke – auch er aus alter Harzer Papiererfamilie. Das Amt sann sogleich über Verbesserungen der technischen Einrichtung nach, natürlich um bessere Erträge aus dem Betrieb zu erzielen. Aber Franke hatte das Unglück, einer großen Wasserflut zum Opfer zu fallen, wobei er erhebliche Schäden am Bauwerk, an vorrätigem Papier etc. erlitt. Zudem konnte er längere Zeit nicht arbeiten.
Ganz passabel nahmen sich die Verhältnisse noch unter dem Pächter Johann Benjamin Borcherdt aus, geboren in Jeßnitz bei Bitterfeld, übrigens einem Bruder des Johann Christian Borcherdt von der Oberen.
Zu seinen Zeiten wurde 1746 auch endlich ein Papier-Holländer mit daran gehängtem Lumpenschneider installiert, mit eigenem Wasserrad. Die Mühle hatte also jetzt zwei Wasserräder und jenes am Beigeschirr. Auch versah Borcherdt seine ordentlich gearbeiteten Papiere tw. mit einem sehr aufwendigen und entsprechend „kostbaren“ Wasserzeichen – einem der schönsten in Räbke, welches in sehr ähnlicher Form auch auf der Oberen Verwendung fand und eben die Familienbande dokumentiert. Borcherdt war fleißig und profitierte von einigen Privilegien, mit welchen derart staatliche Mühlen den privaten gegenüber bevorzugt wurden, etwa bezüglich eines sehr großzügig bemessenen Lumpensammelbezirks !
Aber auch Borcherdt hatte von Anfang an mit Schwierigkeiten zu kämpfen, nicht zuletzt aufgrund der ungünstigen Standortwahl der Mühle, wo das Wasser nicht mehr so klar war. Auch lag sie an einem Nordhang des Herkling-Bergwaldes, wo sie bei Eis länger stillstehen musste, und wo die Papiere nicht so gut trockneten. Hinzu kamen die bei Pachtungen oft nachteiligen häufigen Besitzerwechsel. Zudem verschlechterte sich seine Lage noch infolge verschiedener Unglücksfälle. Nun erwachten auch seine „Creditores“ und plagten ihn täglich. Für Borcherdt hatte ein Teufelskreis begonnen, dem er schließlich erliegen musste. 1762 hatte er Mühe, die Mühle auch nur in Dach und Fach zu halten. Bald war er bestenfalls noch in der Lage, statt hochwertiger Papiere, nur Makulatur zu bereiten. Damit war das Ende abzusehen. Auch die Umwandlung der Mühle zur „Erbenzinsmühle“ vermochte den negativen Verlauf nicht aufzuhalten. Dem letzten Papiermacher, nachdem er 1773 aus der Mühle „herausgesetzt“ wurde, hat man noch die Betten weggenommen, um seine Schulden beim Bäcker bezahlen zu können …
1774 wurde die Papiermühle vom Drosten Gerorg Wilhelm Wahnschaffe zu einer Ölmühle umgebaut…
1786, nachdem sie größtenteils abgebrochen war, wurde sie an den Papiermacher Schaarschmidt von der Mittleren-Papiermühle verkauft (s. dort). Den Mühlengraben warf er zu und legte das Gefälle herauf zu seiner Mühle, so dass ihr Graben sehr tief wurde.
Die „Untere“ aber ist heute verschwunden. Alles dort ist Ackerland geworden, während früher der Elm bis hierher vorstieß. Eine Abbildung befindet sich noch in den Akten (bei Lehrmann).